Im ersten Kapitel ging es um die Garden Bridge, die heute ein Industriedenkmal und eine internationale Touristenattraktion ist. Afrikaner, Amerikaner, Australier, Asiaten wie Europäer sind von dieser über hundert Jahre alten Eisenbrücke mit den beiden Halbbogen fasziniert. Bis zum Kriegsende 1945 war sie für Helmut Spielmann ein Ort täglicher Schikanen.
Ein zweiter Ort japanischer Schikanen wurde das 1942/43 für Juden eingerichtete "Ghetto". Denn Helmut Spielmann musste immer wieder möglichst unbemerkt zwischen dem Ghetto und der außerhalb des Ghettos liegenden Jesuiten-Schule hin und her schleichen. Er war inzwischen zum Katholizismus übergetreten.
Helmut Spielmann:
"Shanghai -
eine Jugend im Exil"
Herausgegeben von
Gerald Lamprecht und
Ingeborg Radimsky.
Clio Verlag Graz 2015
Preis: Euro 18.00
Das "Ghetto" errichteten die Japaner nach Nazi-deutschen Vorbildern. Es waren bestimmte Straßen, Plätze und Häuser, deren Betreten und Verlassen die Japaner mit einer wirren Bürokratie, aber brutalen Wachmannschaft regelten. Diese verkörperten das alte chinesische Sicherheitssystem der "Pao Chia" eine Art Eigenschutz. Innerhalb dieser paramilitärischen Organisation erstand nun der Geist der alten Kaiserreiche, besonders unter den "Offizieren". In dieses Ghetto musste Helmut umziehen, weil ihm von den Nazis inzwischen die reichsdeutsche Staatsbürgerschaft förmlich entzogen hatten und auf dem Ausweis nur der Buchstabe "J" für Jude Gültigkeit hatte. Einen neuen Pass gab es nur für Arbeit außerhalb des Ghettos, ausgestellt von einem berühmten japanischen Beamten, der sich selbst "König der Juden" nannte.
Im nächsten Kapitel geht es um die ersten Bubenstreiche, die Helmut Spielmann den Asiaten spielte. Mit seiner Flinte, die er zur Firmung bekam. Und mit Waffen, die er der Ghettowache klaute. Der Zwölfjährige sabotierte damit den japanischen Faschismus in China. Seine Cousins Hans Spielmann und Walter Kohn kämpften im Spanischen Bürgerkrieg gegen den Klerikalfaschismus. Und Cousin Ernst gegen Faschistenführer Benito Mussolini. Es war ein weltweiter antifaschistischer Kampf, den diese jungen Juden aus Graz führten.
Leserkommentar
Lieber Professor Knilli,
vielen Dank für den Hinweis auf das Buch vom "Steirerbua" in Shanghai. Wir werden es lesen!
Herzlichst, Levi Salomon
Sprecher/Koordinator des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA)Berlin.
Homepage: www.jfda.de
Antisemitismusforschung
www.feuchtwanger.de
www.ich-war-jud-suess.de
Fortsetzung im September in der Folge 3/12 auf www.DerInternetlink.de
Werbung
Walter Kohn (*1908) und
Hans Spielmann (*1914)
Beide agitierten für die Gründung eines kommunistischen Jugendverbandes in Graz. Beide saßen im Knast. Beide kämpften in Spanien in den Reihen der Interbrigaden gegen den Faschismus.
Mehr im Steiermärkischen Landesarchiv und im Spanienarchiv des DÖW, Wien
(Betreuung: Irene Filip)
Stolperstein Annenstraße 34, Graz
Steiermark, Österreich.
Foto: Daniela Grabe
Ernst Spielmann (*1916)
Ernst erzählte gerne die Drei-Frauen-Story: Um in Tel Aviv eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, heiratete er eine junge Polin, die auf ihren Verlobten aus Polen wartete. Als dieser endlich nach Palästina kam, wollten sich die beiden scheiden lassen .Das war aber in Tel Aviv nicht möglich, weil Ernst inzwischen Soldat bei der englischen Armee war und sich im Kampfeinsatz in Italien befand. Aber nach der Befreiung Roms reichte er die Scheidungspapiere bei dem in Rom wieder amtierenden Oberrabbiner ein und ließ sie an das Oberrabbinat in Jerusalem schicken. Das geschah, aber die Dokumente wurden in Jerusalem nicht anerkannt, weil sein Name falsch geschrieben worden war. Monate später wurde seine Einheit in Paris eingesetzt. Ernst ging da wieder sofort zum Rabbiner, füllte die Scheidungsformulare aus und ließ sie wieder an das Oberrabbinat in Jerusalem schicken. Aber die Anträge wurden in Jerusalem nicht anerkannt, weil der Oberrabbiner von Paris eine Woche später dem Katholizismus beigetreten war. Er konnte also nicht mehr festen Glaubens gewesen sein. In London ist es ihm dann gelungen. Er wurde dreimal von derselben Frau geschieden, obwohl er sie nur einmal geheiratet hatte.
Quelle: Ilse Grusch, Susi Touma
Stolperstein Annenstraße 34, Graz
Steiermark, Österreich.
Foto: Daniela Grabe
Preis: Euro 10.99