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Stand der Website: 05. Juli 2018
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Karl Kraus
DIE LETZTEN TAGE
DER MENSCHHEIT
Tragödie in 5 Akten mit Vorspiel und Epilog. Über 200 lose Szenen. Satire auf den Ersten Weltkrieg. Entstanden in den Jahren 1915-1922.
Quelle: wikimedia.org
I. Akt: 22. Szene
Optimist und Nörgler vor dem Kriegsministerium in Wien
Der Nörgler: Die Masken an der Fassade dieser Sündenburg, die rechts schaut und links schaut machen, sind heute besonders stramm orientiert. Wenn ich länger auf einen dieser entsetzlichen Köpfe schaue, bekomme ich Fieber.
Der Optimist: Was haben Ihnen diese alten martialischen Typen getan?
Der Nörgler: Nichts, nur daß sie martialisch sind und dennoch den Sendboten Merkurs den Eintritt nicht wehren konnten. Zu aller Blutschlamperei noch dieser mythologische Wirrwarr! Seit wann ist denn Mars der Gott des Handels und Merkur der Gott des Krieges?
Der Optimist: Der Zeit ihren Krieg!
Der Nörgler: So ist es. Aber die Zeit hat nicht den Mut, die Embleme ihrer Niedrigkeit zu erfinden. Wissen Sie, wie der Ares dieses Krieges aussieht? Dort geht er. Ein dicker Jud vom Automobilkorps. Sein Bauch ist der Moloch. Seine Nase ist eine Sichel, von der Blut tropft. Seine Augen glänzen wie Karfunkelsteine. Er kommt zum Demel gefahren auf zwei Mercedes, komplett eingerichtet mit Drahtschere. Er wandelt dahin wie ein Schlafsack. Er sieht aus wie das liebe Leben, aber Verderben bezeichnet seine Spur.
Der Optimist: Sägen Sie mir, ich bitt Sie, was haben Sie gegen den Oppenheimer?
III. Akt: 32. Szene
Eine stille Poetenklause im steirischen Wald
Ein Kernstock-Verehrer: Pst - leise - da sitzt er, ganz versunken -
Ein zweiter Kernstock-Verehrer: Von hier aus sendet er seine Lieder ins Land, Lieder von kraftvoller, dabei doch sinniger und oft unbeschreiblich zarter Eigenart, Lieder -
Der Erste: Ei, es sollte mich wundern, wenn er nicht eben -
Der Zweite: So scheint es. Still! Alle seine Hörer werden, entflammt an seiner Flamme, das Empfangene dereinst als Lehrer tausendfältig weitergeben und in die Herzen einer neuen Jugend wird versenkt werden, was dieser eine Mann auf seiner waldumrauschten, einsamen Burg in jahrzehntelanger Arbeit ergründete.
Der Erste: Fürwahr, der Pfarrherr von der Festenburg ist ein Mann, der mit feuriger, begnadeter Zunge alle lebendigen Schönheiten der Gotteswelt zu preisen versteht. Still!
Der Zweite: Pst - es scheint über ihn gekommen zu sein. Wird es ein Gedicht oder ein Gebet?
Kernstock (murmelt):
Bedrängt und hart geängstigt ist
Dein Volk von fremden Horden,
Durch Übermut und Hinterlist
Mit Sengen und mit Morden.
Der Erste: Ei das kenne ich schon. Das ist ja das Gebet vor der Hunnenschlacht.
Kernstock (murmelt):
O Herr, der uns am Kreuz erlöst,
Erlös' uns von der Hunnenpest!
Kyrie eleison!
Der Zweite: Kein Wunder, daß er die Berufung nach Wien angenommen hat. Geadelt durch seinen Priesterberuf, muß er auch als Mensch die allertiefste und nachhaltigste Wirkung auf seine jugendlichen Zuhörer ausüben.
Kernstock (murmelt):
Mit uns sind die himmlischen Scharen all,
Sankt Michel ist unser Feldmarschall.
Der Erste: Einen Augenblick lang wird ja der Pfarrherr von der Festenburg gezögert haben, seine verträumte, stille Poetenklause im steirischen Wald mit dem Lärm der Großstadt zu vertauschen. Einen Augenblick lang nur -
Kernstock (murmelt):
Da winkte Gott - der Rächer kam,
Das Racheschwert zu zücken
Und, was dem Schwert entrann, im Schlamm
Der Sümpfe zu ersticken.
Der Zweite: Dann aber wird wohl die Erkenntnis in ihm gesiegt haben, welch hoher Beruf sich ihm hier erschließt, welch neue Möglichkeiten ethischer, künstlerischer, kulturfördernder Betätigung sich ihm in Wien bieten. Und die Stimme dieser Erkenntnis wird bald die Oberhand gewonnen haben über das verlockende Rauschen der Tannenforste um die Festenburg.
Beide: Still!
Kernstock (wie überwältigt):
Steirische Holzer, holzt mir gut
Mit Büchsenkolben die Serbenbrut!
Steirische Jäger, trefft mir glatt
Den russischen Zottelbären aufs Blatt!
Steirische Winzer, preßt mir fein
Aus Welschlandfrüchtchen blutroten Wein!
Der Erste: Es ist nichts Neues, aber es reißt immer von Neuem fort. Der Augenblick ist da. Wenn wir ihn jetzt beim Wort nehmen und ihm als schwärmerische Jünglinge unsere Stammbücher hinhalten, so wär's eine Erinnerung fürs Leben.
Der Zweite: Fürwahr, das wollen wir!
DER PRIESTER
Das Hakenkreuz (1923)
Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde
Gibt frei und offen aller Welt
Die hochgemute Kunde:
Wer sich um dieses Zeichen schart.
Ist deutsch mit Seele, Sinn und Art
Und nicht bloß mit dem Munde.
Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde -
Zum Volksmal ward es auserwählt
In ernster Schicksalsstunde,
Als unter Schmerzen, heiß und tief,
Das Vaterland um Hilfe rief,
Das teure, todeswunde.
Das Hakenkreuz im weißen Feld
Auf feuerrotem Grunde
Hat uns mit stolzem Mut beseelt.
Es schlägt in unsrer Runde
Kein Herz, das feig die Träne bricht.
Wir fürchten Tod und Teufe nicht!
Mit uns ist Gott im Bunde!
Für Rückfragen:
Tel.: 0043/316/837985-14
oder
office@akademie-graz.at